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Das Vorwort & Glosse aus dem Beepworld Newsletter

aus dem seit 10 Jahren erscheinenden Beepworld Newsletter



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Mittwoch, 17. November 2010

Beepworld.de - NEWSLETTER #181 vom 17.11.10

Von thofi, 16:18

VORWORT

Die Tage werden trüber, die ersten Weihnachtsmärkte werden aufgebaut, das Jahr nähert sich dem Ende, Zeit einen – völlig subjektiven - Blick zurück zu werfen. Was hat uns in der Computer- und Internetbranche 2010 bewegt?

Tops: Vor genau 20 Jahren ging mit http://info.cern.ch die erste Website online. Apple hat das iPad & iPhone 4 auf den Markt gebracht. Ersteres mit geringerem Erfolg als erwartet, letzteres mit riesigem Erfolg, auch wenn man besser ein zweites Handy zum Telefonieren einstecken haben sollte. Microsoft hat mit dem neuen Windows Phone7 mit 2 Jahre Verspätung ein Smartphone Betriebssystem entwickelt, das zumindest nicht schlechter als das seiner Konkurrenten Android und iPhone ist. Das iPhone wurde endlich befreit von Fesseln an einen bestimmten Provider & kann sogar im Appleshop gekauft werden. Das 3-D-Kino, der Renner 2010 war der Film Avatar, ist in Form von 3D- TVs in die Wohnzimmer gewandert, aber noch mit Spezialbrille. Die soll im nächsten Jahr auch entfallen können. Die ersten BluRay-Rekorder stehen in den Ladenregalen. Toshiba stellt die ersten kauffähigen 3 Terabyte Festplatten (für unter 200 Euro) vor. Am ersten Tag der Auslieferung wurden allein in den USA & England 5,6 Mio. Exemplare von dem Hammerspiel „Call of Duty“ verkauft. USB wird künftig kabellos sein. Der neue WUSB Standard, so schnell wie USB 2.0, ist definiert. Facebook kann das 500.000.000. Mitglied feiern. Der Cyberkrieg ist im richtigen Leben angekommen und verzögert durch den Wurm Stuxnet die Inbetriebnahme eines Atomkraftwerkes im Iran. Das Cloud Computing, mit dem die Daten vom eigenen Server oder PC in eine externe Wolke von Servern von Fremdanbietern wie Microsoft oder Google wandert, ist salonfähig geworden. Microsoft hat mit Kinect eine controllerlose neuartige Bewegungserfassung auf den Markt gebracht, die zusammen mit der Xbox ein völlig neues Spielerlebnis ermöglicht, von sportlichen Übungen im Wohnzimmer ganz zu schweigen. Angeblich stammt die Technologie aus der israelischen Militärforschung. Die ersten Quanten-„Verstärker“ funktionieren bereits im Labor bei Zimmertemperatur. Auf die unpraktische Kühlung auf fast minus 270 Grad kann dadurch verzichtet werden. Das erlaubt in absehbarer Zeit den Betrieb von prinzipiell unknackbaren Verschlüsselungstechniken und natürlich 1000fach schnelleren Computern auf Quantenprozessorenbasis. Wikileaks bringt die US-Regierung in die Bredouille durch Internetveröffentlichung von Hunderttausenden von geheimen Kriegsdokumenten aus dem Irak- und Afghanistankrieg.

Flops: Der gerade zum 1. November mit großem medialen Aufwand von der Bundesregierung angebotene Personalausweis mit Chip, mit dem Bezahlen über das Internet mit Sicherheit funktionieren sollte, muss zunächst softwaremäßig überarbeitet werden, weil sich eine größere Sicherheitslücke aufgetan hat. Die Anzahl der Computerviren hat sich im Laufe des Jahres 2010 mehr als verdoppelt, die Botnetze haben sich mehr als verzwanzigfacht. Die Websperren per STOP-Schild gegen Kinderpornographie wurden in diesem Jahr Gesetz, kamen aber bisher nicht zum Einsatz. Vielleicht weil es kinderleicht ist, die Sperre zu umgehen? Die Bundesregierung hat mit einem Aufwand von rund 60 Millionen € die Umstellung der Erfassung von Arbeitnehmerdaten von Papier auf digital (Elena) vorbereitet. Jetzt soll das digitale Sammeln von Arbeitnehmerdaten wegen massiver Proteste und zweifelhaften Nutzens gestoppt werden. Die Piratenpartei? War da mal was? Ja, nur noch Beschäftigung mit sich selbst und Streit untereinander, Piratenverhalten eben. Die sogenannten Nacktscanner werden auf den ersten Flughäfen eingesetzt. Das Corpus delicti wird aber nur als Strichmännchen auf dem Scanner zu sehen sein.
250.000 Einsprüche gab es gegen Googles Street View, das jedes Haus, jeden Gartenzaun, jede Straße ab fotografiert. Der Prozess Oracle gegen SAP wegen Industriespionage hat am 1. November begonnen. Die amerikanische Tochter von SAP hat sich im Prinzip bereits schuldig bekannt. Google zog sich vorübergehend aus China zurück, weil sie sich der chinesischen Zensur nicht weiter beugen wollten. Geändert hat sich an der Zensur aber nichts. AOL zieht sich vollständig aus Deutschland zurück und schließt alle Büros, aber nicht aus politischen sondern aus finanziellen Gründen.
Woran haben sich die Menschen früher vor dem Internetzeitalter eigentlich begeistert oder fasziniert, fragt einigermaßen ernsthaft euer thofi.

GLOSSE

Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Haben Sie sich doch auch schon häufiger gefragt, vor allem, wenn Sie nach langer feuchter Nacht früh morgens um elf am Flurspiegel entlangstreichen und versuchen, sich auf eins der beiden verwischten Gesichter dort zu konzentrieren. Sind das wirklich Sie? Da hilft nur ein Blick auf ihren neuen Personalausweis. Aber der ist ja auch noch für anderes gut, als Unterschriftersatz, zum Anmelden bei Behörden, zum rechtskräftigen Ausfüllen von Formularen und fürs Bezahlen im Internet. Sehen Sie, ohne den neuen Personalausweis müssten Sie jetzt drei starke Kaffee trinken, versuchen, sich ohne Blutbad nass zu rasieren, in die Bahn steigen und zum Rathaus fahren, ihren in der Nacht mirakulöserweise abhanden gekommenen Führerschein neu beantragen, den in der Jackentasche aus dem Nichts aufgetauchten Strafzettel bezahlen, vorher noch bei ihrer Bank den dafür nötigen Kleinkredit aufnehmen, zurück zum Rathaus fahren, zahlen, unterschreiben, und einen Termin in 3 Monaten ausmachen zum Abholen des Führerscheins. Stattdessen? Setzen sich an ihren PC, legen den neuen Perso an das angeschlossene Lesegerät, versuchen den Nebel im Kopf zu verscheuchen um sich an ihre PIN zu erinnern, wahlweise an das Datum ihres Hochzeittages, wobei Sie sich nicht einmal erinnern können, ob Sie noch immer verheiratet sind, rufen die Rathausadresse im Internet auf, beantragen, unterschreiben elektronisch und überweisen. Bei ihrer Bank haben Sie auch gleich noch alles klar gemacht, wobei deutlich geholfen hat, dass ihr Bankberater elektronisch ihren Persoausweises sehen konnte und nicht ihr augenblickliches Gesicht, und der Chip auf dem Ausweis noch keine aktuellen Atemwerte speichert. Speichern können andere ihnen weniger wohlgesonnene Mitbürger aber ihre Pin über eine gerade bekannt gewordene Sicherheitslücke im notwendigen AusweisApp auf ihrem PC und sich so ihre Identität z.B. zum ausgiebigen Weihnachtsshopping im Netz „borgen“.
Der neue Personalausweis kann ihnen also lieb und teuer werden, teuer zumindest ist er mit 28,80 Euro ja jetzt schon. Aber in ihrem Fall hätte ich da mal keine Angst. Wer will schon ihre Identität in ihrem jetzigen Zustand klauen?