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Das Vorwort & Glosse aus dem Beepworld Newsletter

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Dienstag, 02. März 2010

Beepworld.de - NEWSLETTER #172 vom 02.03.10

Von thofi, 16:02

VORWORT

Die ganze Welt existiert als Parallelwelt bei Google, erfasst mit Google Street View Cams, Straße für Straße, Haus für Haus, als 360 Grad Fotos. Die ganze Welt? Nein, Deutschland leistet heldenhaften Widerstand, mit Bürgerprotesten, Politikerinterventionen und Gerichtsverfügungen.
Dabei ist Street View doch eine famose Sache. Nie mehr den geschönten Reiseprospekten glauben, sondern selber anschauen, wie die Umgebung des Ferienhotels ausschaut. Für die Suche nach dem künftigen Wohnort braucht man das eigene Haus nicht mehr zu verlassen, sondern spaziert als „gelbes Google-Männlein“ wie real durch die Straßen. Gesichter und Autokennzeichen sind durch Google automatisch unkenntlich gemacht. Geht man doch mal zu Fuß, hält man die Handykamera auf ein interessantes Gebäude und erfährt per Google alles Wissenswerte darüber und auch, ob man es mieten oder kaufen kann.
Hat also die deutsche „Angst“ vor technischen Neuerungen mal wieder übereifrig zugeschlagen? Ja und nein.

Leider ist Google Street View auch für Einbrecher und Extremisten eine große Erleichterung. Mühsames, verstecktes Observieren entfällt. Päderasten können sich über die Lage von Kindergärten mit Eingängen am PC kundig machen. Und die mannshohen Gartenzäune und Hecken überwinden die in etwa 3 m Höhe angebrachten Kameras auf Googles Street View-Autos locker. Wer suchet der findet: So manchen unfreiwilligen delikaten Zufallseinblick kann man bei etwas Geduld auf Google schon finden.

Also das Kind mit dem Bade ausschütten und Street View trotz seines unzweifelhaften Nutzen verbieten oder doch eher das Missbrauchspotenzial als Kollateralschäden akzeptieren.
Die Erfahrung lehrt, dass jede nützliche Technologie sich langfristig gegen jedes Verbot durchsetzt, dann aber meist unkontrollierbar. Dann lieber unter kontrollierbaren Bedingungen erlauben, sprich: Sensible öffentliche Gebäude und Einrichtungen auf den Bildern schwärzen, Recht auf individuelle Schwärzung des eigenen Heimes, Kameras nur auf Fußgängerhöhe erlauben. Wer dann immer noch einen Blick über die Hecke auf die sonnenbadende Nachbarin erhaschen will, muss dazu wie früher üblich heimlich auf die Leiter steigen,
meint Euer thofi.

GLOSSE

Haben Sie schon Ihren alten Stahlhelm und Ihre Militärgrundausrüstung aus dem Keller geholt? Ach so, Sie haben nicht gedient? Und Sie lehnen Krieg aus grundsätzlichen Erwägungen ab? Nutzt Ihnen nichts, Sie befinden sich bereits mitten im Krieg, mit den USA. Haben Sie nicht mitbekommen? Keinen Schuss gehört, keine Explosionen?
In welchem Jahrhundert leben Sie denn? Verbündete, noch dazu NATO Partner führen doch keinen Krieg gegeneinander mit Schusswaffen o.ä. altmodischem Zeugs. Der Krieg tobt, aber mit Informationen, genauer gesagt mit europäischen Bankdaten. Sie haben doch bestimmt unlängst per SWIFT Geld an Ihre Schwester in der Schweiz überwiesen, damit sie sich was Schönes zum Geburtstag kaufen kann. Sehen Sie, das war subversiv, Sie Möchtegern-Pazifist. Sie haben den Amis damit Munition geliefert. Denn alle diese Geldtransaktionen werden von den Amis eingesehen. Sie könnten ja jemanden kennen, der einen kennt, der mal in Afghanistan war. Und der könnte dort ja einem Terroristen begegnet sein, der ihn gebeten hat, doch bitte sein schmutziges Drogengeld außer Landes zu bringen, in die friedliche Schweiz über den Umweg des naiven Deutschlands zwecks Verschleierung, also per Swift-Überweisung. Und daher muss die USA natürlich Einblick in alle Überweisungen einsehen können, nicht nur die, die von hier über den großen Teich wandern, sondern auch die innerhalb Europas ausgetauscht werden. Es könnte ja, wie gesagt, da kennt jemand einen, der kennt...
Solange das privatwirtschaftliche Unternehmen SWIFT ihre Server in den USA hatten, hat das ja seit Sept 2001 auch ohne Widerstand und Aufsehen funktioniert, nur jetzt hat SWIFT seine Server in die Niederlande geholt und weigert sich, ohne die Zustimmung des EU Parlaments (Lissabonvertrag lässt grüßen) diesen Zugriff auf Kontodaten von EU-Bürgern dem amerikanischen Geheimdienst weiter zu erlauben. USA sind not amused, und die EU Parlamentarier auch nicht. Und so droht das EU-Parlament das Abkommen platzen zu lassen, sollte von den EU-Polizeiministerien und den USA nicht noch ein Mindestmaß von Bürgerrecht (von Auskunft bis zu Klagemöglichkeiten) im Gesetz berücksichtigt werden. Und die USA drohen, diplomatisch nett verpackt natürlich, zurück.
Also, ganz schnell jetzt noch ihrer Schwester alles Geld, das Sie haben, an den Augen des großen transatlantischen Bruders vorbei überweisen, für die nächsten 50 Geburtstage, denn wer weiß, wann die EU Parlamentarier gegenüber den USA wieder einknicken.