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Das Vorwort & Glosse aus dem Beepworld Newsletter

aus dem seit 10 Jahren erscheinenden Beepworld Newsletter



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Samstag, 24. Mai 2008

www.Beepworld.de - NEWSLETTER #10 vom 23.02.01

Von thofi, 10:23

VORWORT

 Liebe Beepworlder,Halte doch jemand mal die Welt an, ich möchte hier runter. Wenn wir alle ständig miteinander konkurrieren, ständig erreichbar sein müssen, alle miteinander verdrahtet sind, wann haben wir denn noch Zeit für Liebe, Musik oder Bücher?“ Typisch, diese technikfeindlichen Aussagen, hat bestimmt wieder so ein deutscher Birkenstockträger, so ein ewig Gestriger mit Rauschebart und Müsli zum Frühstück abgesondert? Denkste, wer das sinngemäß in großer Runde so von sich gegeben hat, war kein Geringerer als der Vorstandschef von Sony Amerika kürzlich auf dem Wirtschaftsforum in Davos/ Schweiz. Na denn, dann muss wohl was dran sein. Schließlich kommt es nicht darauf an was gesagt wird, sondern wer es sagt. Beklagt der Mann es, wo doch gerade Sony den Konkurrenzkampf „immer kleiner, immer leistungsfähiger“ am Stärksten anheizt. Die anderen machen doch nur mit, weil sie sonst von Sony abgehängt werden, so sagen sie zumindest. Und Sony treibt voran, weil der japanische Elektronikkonzern sonst von der Konkurrenz nur noch die Schlusslichter sehen würde, so sagen sie. Ja, wer treibt denn nun und wer ist der Getriebene? Wer sitzt denn eigentlich noch auf dem Fahrersitz und weiß, wohin die Reise geht, immer schneller, immer rasanter? Und wir, die Mitreisenden, vertrauen den Chauffeuren weit da vorn in glitzernden Uniformen mit Kappen, tief ins Gesicht gezogen, damit man die Panik in ihren Augen nicht sieht. Stopp - bremsen, innehalten, durchatmen, nachdenken! Nachdenken? Die immer ausgefeiltere Elektronik, die uns umgibt, die vielen modernen Maschinen dienen uns doch, wir bedienen sie, - falsche Grammatik – wir dienen Ihnen. Ob wir das wollen, muss jeder für sich persönlich immer wieder neu entscheiden, meint Euer thofi.

GLOSSE

Haben Sie auch ein gutes Herz? Also, ich bekenne mich dazu. Ein treuer Dackelblick von unten, und ich werfe dem Bettler am U-Bahneingang ´ne Mark in seinen Hut, obwohl er eigentlich kräftiger aussieht als ich. Und lugte da unter seinem zerschlissenen Mantel nicht ein Jackettlabel hervor, das aussah wie Armani oder so ähnlich? Egal, ich spende ja nicht, damit es ihm besser geht, sondern mir: ich fühle mich moralisch danach einfach besser. Kurz nach Weihnachten hatte ich das schon mal, dieses „ ach, bin ich nicht ein guter Mensch“-Gefühl. Diesmal war es ein Aufruf, einen Protestbrief gegen die demnächst geplanten Kürzungen der Mittel für das öffentliche Fernsehen in den USA, an die amerikanische Regierung gerichtet, elektronisch zu unterschreiben und an mindestens 20 Freunde und Bekannte weiterzusenden. Wer das unsägliche Privatfernsehen in den USA kennt, weiß, wie wichtig dort die Unterstützung der öffentlichen Sender ist. Also erhielten prompt über 30 Bekannte von mir diesen Protestbrief mit der Bitte, genauso zu verfahren wie ich, damit wir gemeinsam die letzte Bastion der Kultur in den Staaten retten mögen. Erst kürzlich erfuhr ich dann, was daraus wurde: Der Kettenbrief war bereits 1995 von zwei Studenten der University of Northern Colorado losgeschickt worden. Die Kürzungen gingen bereits 1995 durch den Senat, und der Brief hatte seinen Zweck längst überlebt. In mehreren Abwandlungen wandert die Bittschrift aber bis heute noch durchs Netz, wie unzählige andere elektronische Kettenbriefe auch.

Na warte, der Bettler vom U-Bahnschacht soll mir noch mal unter die Augen kommen; mehr als 50 Pfennig werfe ich ihm diesmal aber nicht in seinen Hut.