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Das Vorwort & Glosse aus dem Beepworld Newsletter

aus dem seit 10 Jahren erscheinenden Beepworld Newsletter



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Montag, 03. November 2008

Beepworld.de - NEWSLETTER #154 vom 03.11.08 - 3.658.000 Mitglieder

Von thofi, 15:45

VORWORT: Youtube, Flickr, Myspace und auch auf Beepworld: Wenn wir die hochgeladenen Fotos und Videos unserer Mitglieder nicht vorher kontrollieren würden, würden die freizügigsten Nacktvideos und Fotos von sehr intimen Momenten vieler Mitglieder ungezählt das Licht der Öffentlichkeit erblicken.
Unvorstellbar lange vorbei die Zeiten, als die Menschen wegen der anstehenden Einführung vierstelliger Postleitzahlen 1962 auf der Straße demonstrierten, wegen des Eingriffs in Ihre Privatsphäre, die durch die damit mögliche erleichterte maschinelle Erfassung aller Adressen vermutet wurde. Privatsphäre scheint mittlerweile kein Gut an sich mehr zu sein.
Der Gesetzgeber nutzt diesen Trend zum unbedarften Umgang mit den eigenen Daten und erlässt ein Gesetz nach dem anderen, das es dem Staat und staatsnahen Organen erlaubt, immer mehr persönliche Daten seiner Bürger zu sammeln. Widerstand dagegen regt sich entsprechend kaum.
Mit der geplanten Einführung des sog. Nacktscanners an Flughäfen, der zwangsweise alle Reisenden durch die Kleidung hindurch blicken und die nackten Körperkonturen, aber auch Hilfsmittel, am Schirm offenbaren kann, war dann doch die Grenze des Erträglichen erreicht und selbst Innenminister Schäuble sprach sich jüngst dagegen aus.
Wenn man meint, dass mit der Nacktheit die unterste Grenze der möglichen Preisgabe von Privatem erreicht wäre, irrt.
Die Internetpionierin Esther Dyson und weitere Prominente haben jetzt wichtige Teile Ihres Erbguts zusammen mit Ihrer Krankengeschichte und Lebensgewohnheiten öffentlich ins Internet gestellt. In dem „Personal Genome Project“ des Harvard Professors Church sollen letztlich 100.000 Personen teilnehmen. Das Ziel ist ein Wikipedia des Erbguts. Jeder Amateur, eher aber noch Krankenkassen und mögliche Arbeitgeber, kann dann aus Gensequenzen die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Krankheiten wie Krebs herauslesen. Gegenüber diesem Genom-Exhibitionismus ist Paris Hilton mit ihrer Zeigefreudigkeit wohl eine scheue Nonne zu nennen,
meint euer thofi.

GLOSSE: Wir sind doch unter uns, MIR können Sie es doch gestehen. Sie sind froh. Natürlich darf ich Sie nicht in der Presse zitieren, aber so ein klein wenig freut es Sie doch tatsächlich. Von Ihren Schulter ist der ständige Druck genommen, loszurennen und etwas unternehmen zu müssen.
Die Finanzkrise, die Weltwirtschaftskrise, die Aktien im Keller, die Spritpreise immer noch unbezahlbar, das alles macht Sie heimlich doch eher froh. Keine quälenden Familienstreitigkeiten mehr um das nächste Urlaubsziel: fliegen wir in das moskito- und malariaverseuchte Borneo oder in das hautkrebsprovozierende Australien? Erledigt, viel zu teuer, können Sie sich jetzt ohnehin nicht mehr leisten.

Ein langes Wochenende? Besuchen wir Oma Frieda oder fahren wir zu Madonna´s Konzert? Weder – noch, Ihre Ersparnisse hat die Finanzkrise stark dezimiert.

Da haben Sie doch endlich die richtigen Argumente, Ihre freie Zeit in Ihrem bequemen Hobbyraum mit Ihrer superduber multimedialen Computeranlage ohne sonst übliches schlechtes Gewissen zu verbringen. Im Internet finden Sie hochauflösende Videos vom Urwald auf Borneo, mit Orang Utans, die in den Bäumen im Dolby Surround Sound lautstark herumtoben, und das alles ohne echtes Blut, Schweiß und Tränen vergießen zu müssen.
Bei Madonna´s Konzert sitzen Sie jetzt in der ersten Reihe vor ihren Boxen und beobachten die winzigen Fältchen um Ihre Augen, die der Schönheitschirurg wohl übersehen hat, so dicht führt Sie die Kamera bei der Internetübertragung an Madonna´s Gesicht heran. 200 Euro pro Karte, Schlange stehen, stundenlanges Kurven für einen Parkplatz vor der Arena? Ihr Auto steht sauber glänzend in der Garage, die Energiekosten betragen etwa 30 Cent für die 2-stündige Übertragung im Internet, und Schlangen kennen Sie nur noch von dem Videoclip auf Youtube, wo der Mann in der Badewanne mit seiner Boa rummacht.
Und um Oma Frieda zu sehen, schalten Sie einfach Ihre Webcam an und winken Ihr zu. So ein Pech, dass die Verbindung so oft ausfällt und Sie sich leider, leider viel zu früh wieder von Ihr verabschieden müssen, ohne eine quälend lange Autofahrt vor sich zu haben.

Ja, ich weiß schon, natürlich würden Sie viel lieber alles live und im Schweiße Ihres Angesichts erleben, aber alle wissen ja, die Finanzkrise.