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Das Vorwort & Glosse aus dem Beepworld Newsletter

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Sonntag, 05. Januar 2014

Beepworld.de - NEWSLETTER #202 vom 04.01.2014

Von thofi, 13:04

VORWORT
Haben Sie kürzlich der einen oder anderen Weihnachts- oder Neujahrsansprache gelauscht? Von Präsidenten, dem Papst, Königinnen oder Regierungschefs je nach Inhalt gediegen, betroffen, optimistisch oder pessimistisch vorgetragen?
In Erinnerung geblieben ist mir persönlich davon nur eine:
Die alternative Weihnachtsansprache von Edward Snowden, als kurzes Video vom britischen Channel 4 ausgestrahlt und im Netz zu finden. Genau, dem Whistleblower Snowden, dem wir durch Offenlegen von NSA Dokumenten die Gewissheit verdanken, dass alle Geheimdienste der Welt unser Leben ausspionieren, je nach technischen Möglichkeiten der eine mehr und der andere weniger, die Amerikaner deutlich mehr, nämlich alles. Dazu muss man nicht Kanzlerin, deren Handy von der NSA und dem britischen Geheimdienst abgehört wurde, brasilianische Präsidentin oder G8 Gipfelteilnehmer sein.

Snowden haut uns in seiner Ansprache in provozierend gelassenem Tonfall Ungeheuerlichkeiten um die Ohren, wie die dass die Privatsphäre de facto abgeschafft wurde, weil wir alle mit Sendern, Empfängern, Sensoren, Mikrofonen und Kameras in der Tasche nahezu 24 h am Tag herum laufen, vulgo Handy genannt, und wir damit verfolgt werden wohin wir auch gehen.
Man achte auf die Wortwahl: Nicht können, sondern werden! Oder dass Kinder von heute groß werden, ohne zu wissen, was es bedeutet, auch nur einen nicht aufgezeichneten oder privaten Augenblick zu haben. Die Überwachung, so Snowden, sei bereits weiter vorangeschritten als von George Orwell in seiner Vision vom "Big Brother" im Roman "1984" beschrieben.

Welches Vertrauen wir in unsere neue Regierung setzen können hängt auch davon ab, wie ernsthaft sie politische und technologische Vorstöße unternimmt, um die unerträgliche Massenüberwachung durch in – und ausländische Geheimdiensten zu stoppen,
meint euer thofi.

GLOSSE
Es ist soweit. In diesen dunklen Tagen von Advent bis über die Jahreswende hinweg sind wir alle ja eher versöhnlich eingestellt. Und deshalb ist jetzt ein guter Zeitpunkt, ja jetzt. Jetzt sollten auch Sie endlich. Es gibt genügend prominente Vorbilder.

Queen Elisabeth II hat es gerade getan, und ihr Haus hat 60 Jahre dazu gebraucht. US Präsident Obama hat es vor ein paar Wochen getan und das nach 54 Jahren. Bei Papst Johannes Paul II waren es schon 360 Jahre, aber klar, die Kirche denkt ja auch eher in Jahrhunderten als in Dekaden. Und Sie? Am besten sofort starten, denn Sie wollen doch dem Englischen Königshaus keine Konkurrenz machen, Obama nicht und dem Vatikan schon mal gar nicht.

Na gut, um Sie zu motivieren, sag´s ich ihnen jetzt: Die britische Königin Elisabeth II hat kürzlich den genialen Mathematiker Alan Turing begnadigt, dem Begründer der modernen Informatik als Grundlage der heutigen Computertechnik, dem Entzifferer des nazideutschen Geheimcodes Enigma, schlappe 60 Jahre nach seinem Suizid als Folge einer chemischen Kastration. Der musste er sich unterziehen, da er – pfui aber auch -, homosexuell war, damals in England ein Verbrechen.

Kriegsentscheidende Verdienste ums Vaterland hin oder her, bei solchen Verhaltensauffälligkeiten war die britische Königin damals so gar nicht amused. Falls ihnen das noch nicht reicht um Sie zu überzeugen: Präsident Obama hat kürzlich bei der Beerdigung von Nelson Mandela mit einem freundlichen älteren Herrn lateinamerikanischer Herkunft neben ihm höflichen Smalltalk ausgetauscht und die Hand geschüttelt, was vielleicht nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden wird. Aber nach 59 Jahren Embargo-begleitende Sprachlosigkeit war das schon mal ein Eisbrecher, sofern Obama es denn wußte, dass der Mann neben ihm Fidel Castros Bruder war, der jetzige „El Commandante“ Kubas, Raoul Castro.

Wer Galileo Galilei war, weiß der Vatikan dagegen sehr genau. Immerhin hatte ihn die Inquisition der katholischen Kirche 1633 zu lebenslänglichen Hausarrest verurteilt, weil er glaubenswidrig aber tatsachen-entsprechend verkündete, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Sehr dumm, wenn der Kirche nun mal das Gegenteil besser in die Ideologie vom Papst als Zentrum des Universum passte. Und dazu musste doch gefälligst die Erde der Drehmittelpunkt des Sonnensystems, ach was sag ich, des Universum sein. Da stellt sich mir doch gleich die Frage, ist das Universum katholisch? Aber das nur am Rande. Bereits 1979 beauftragte der damalige Papst ein Gremium, über eine mögliche Rehabilitierung von Galileo nach zu denken und nur 13 Jahre und unzählige Gebete später war der Job erledigt und man kam zur Erkenntnis: So ganz Unrecht hatte Galileo leider nicht.

Am 31. Oktober 1992 hielt Johannes Paul II. dann jene Rede vor der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, die man als Entschuldigung an Galileos Adresse interpretieren kann, da der Papst in ihr die Verurteilung des Wissenschaftlers revidierte und damit dessen Ehre auch von Seiten der Kirche wieder herstellte. Seine Verwandten werden erfreut gewesen sein.

Und jetzt Sie. Nun gehen Sie doch endlich rüber zu ihrem Nachbarn, entschuldigen Sie sich und beenden Sie den jahrelangen gutnachbarlichen Streit, auch wenn Sie längst vergessen haben, womit der damals begann.