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Das Vorwort & Glosse aus dem Beepworld Newsletter

aus dem seit 10 Jahren erscheinenden Beepworld Newsletter



Beepworld.de - NEWSLETTER #89 vom 9.11.04

Von thofi, 24.05.2008, 11:42

VORWORT

Wir alle sind Mitschuld an der Karstadt-Misere, dem Sterben der Einzelhändler, dem Schließen vieler Bankfilialen und dem Tod der Silberscheibe namens CD, aber auch dem Schwächeln der Privatsender und vieler Zeitschriften und Magazine. Unsere Schuld ist der Erfolg des Internets, zu dem wir alle beitragen. Wir kaufen online, frönen dem „online banking“, laden uns die Musik runter direkt aus dem Netz, und die Werbewirtschaft folgt ihren Kunden ins Internet.
In den ersten neun Monaten des Jahres stiegen in Deutschland die Internetumsätze mit Waren um 28 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro, immerhin 22 Prozent des deutschen Versandhandelsumsatzes, aber erst 1,5 Prozent des gesamten Umsatzes im Einzelhandel. Da ist also noch viel Luft nach oben. Aber schlimmer noch für das traditionelle Warenhaus, bereits 19,5 % der Neukunden, damit der künftige Umsatz, werden über das Internet gewonnen. Bis 2006 werden die Umsätze auf 6,5 Milliarden Euro anwachsen. Folgen wir dem großen Vorbild USA, wird sich der Einzelhandel noch wärmer anziehen müssen. Allein für das Weihnachtsgeschäft erwartet USA einen Warenumsatz über das Internet von 13,2 Mia. US $.
Der durchschnittliche Bestellwert aller Online-Käufer liegt bei uns bei 156 Euro, weit mehr, als ein durchschnittlicher Kunde bei Karstadt ausgibt. Reisen, Hotelbuchungen und Finanzgeschäfte sind in diesen Zahlen noch gar nicht enthalten.
Und wen treffen wir bei Karstadt vorwiegend? Die über 55 jährigen, die zu lediglich 18 Prozent nur hin und wieder vor dem Bildschirm sitzen. Mit fast 30 Prozent sind dagegen die 30- bis 39-Jährigen die größte Gruppe der Internetkunden, gleichzeitig auch die kaufkräftigste. Und was sollen die durch schlecht beleuchtete Gänge bei Karstadt oder Kaufhof schlurfen, eine halbe Stunde nach einen der seltenen Exemplare, genannt Verkäufer suchen müssen, um sich dann die ungeheure Auswahl von 5, in Worten fünf, MP3-Spielern zeigen zu lassen, fachmännisch erklärt mit „Damit können Sie Musik abspielen“. Stattdessen kann man ohne Parkplatzsorgen zu Hause am PC sitzen, sich alle vorhandenen rund 50 Typen mit exakter Leistungsbeschreibung auf den Bildschirm holen, den favorisierten MP3-Player in die Preissuchmaschine eintippen, beim günstigsten Anbieter bestellen und 24 Stunden später bereits die Musik genießen.
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich. Das Internet hat einen Großteil dazu beigetragen, die Globalisierung erst ermöglicht. Das kann man begrüßen oder bedauern, aber man muss es akzeptieren. Und bequem waren Zeiten des Umbruchs noch nie. Das große Kaufhaus von heute, vertraute Einrichtung seit 100 Jahren, stirbt mit jeder Generation ein wenig mehr. Wir, die Kunden, sitzen stattdessen zu Hause am PC.
Profiteur von diesem Trend ist übrigens die Post als großer Warenversender, einst der bemitleidenswerteste Verlierer bei Briefen gegen Fax und vor allem E-Mails. Wer hätte das gedacht? Es bewahrheitet sich wieder die alte Weisheit: In jeder Krise steckt eine neue Chance, wenn man flexibel ist,
meint euer thofi.
GLOSSE
Wie können Sie es wagen? Den dicken Billi markieren, Sie sind der Schönste, Größte, vor allem Einzige, dann aber fehlerhafte Produkte verkaufen, bei denen Ihre bezahlenden Kunden die eigentlichen Beta-Tester sind, Produkte, die Hackern dann noch Tür und Tor zu den intimsten Geheimnissen, die auf dem Server lagern, öffnen. Und statt eines zumindest knapp gemurmelten „´tschulligung, das nächste Produkte wird besser“ zerstören Sie die Geschäftsfähigkeit ihrer Kunden endgültig durch ein Servicepaket, dass seine Sicherheit dadurch erkauft, das sämtliche Schnittstellen zu Fremdprogrammen nahezu unmöglich macht. Warum denn auch andere Programme nutzen, wenn es doch Sie, Sie, den großen Billi gibt?
 
Und dann Ihr peinlicher Hang zum Langschlaf. Alle Spatzen pfiffen es bereits vom Dach, dass das Internet keine vorübergehende Zeiterscheinung sein würde, bevor Sie ihren dicken Güterzug endlich auf diese Schiene setzten. Dann aber haben Sie alles niedergewalzt, was früher als Sie erkannt hat, wo die Zukunft lang läuft. Sagt ihnen der Name „Netscape“ noch was?
Dass schon wieder Musik in der Luft liegt, und Sie haben es viel zu spät gehört, obwohl die Spatzen die Lieder bereits von den Dächern pfiffen, ein weiterer Beweis, dass Sie dringend einen großen, altmodischen Wecker benötigen. Napster, Apple, MTV, AOL, Sony, alle mischen bereits kräftig mit, jetzt bitten auch Sie zum Tanz mit ihrem Musikdownloadportal MSN Music Store. Noch letztes Jahr haben Sie zu diesem Thema müde abgewinkt, jetzt plötzlich klingeln Ihnen 125 Mio. heruntergeladene Songs zu 99 Cent das Stück von Apple in den Ohren.
Sie meinen wohl, mit ihrer Marktmacht, großen Verbreitung und breiter Kompatibilität könnten Sie auch auf dem Musikmarkt schnell die erste Geige spielen? Markt beobachten, Erfolgskonzepte kopieren, und alles heim ins marktbeherrschende Betriebssystem, dadurch Flops vermeiden und den teuer entstandenen bisherigen Marktführern die Flötentöne beibringen, das soll klappen? Ich befürchte, ja.
Vielleicht ist der Langschläfer Billi ja gar nicht besonders müde, sondern besonders clever, und er braucht auch keinen Wecker sondern ein japanisches Wörterbuch?
 
Nun unterbrechen Sie mich doch nicht ständig. Wie, wie heißen Sie? Willi Tor? Nicht Billi Gates? Oh, Verzeihung, falscher Adressat.

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