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Das Vorwort & Glosse aus dem Beepworld Newsletter

aus dem seit 10 Jahren erscheinenden Beepworld Newsletter



Beepworld.de - NEWSLETTER #92 vom 01.01.05

Von thofi, 24.05.2008, 11:45

VORWORT

Wie fanden Sie es? Halten Sie es mit dem Kanzler, der kürzlich im Interview stöhnte „Ich bin froh, dass das Jahr 2004 bald vorbei ist“? Ein wirklich ereignisreiches Jahr, das unser aller Leben verändert, das einen Umbruch markiert und teilweise auch schon vollzogen hat. Wie alle Menschen, die Umbruchzeiten erleben, reagieren wir mit dem möglichst langen Verharren in alten, liebgewonnenen Erfahrungen, Strukturen, Handlungsmechanismen, wohlwissend, dass die nicht mehr lange taugen. Aber das neue Bild fügt sich.
Autoritäten sind verschwunden, große Staatsmänner, integre väterliche Wirtschaftsbosse, die Elizabeth Taylors und Ustinofs der Bühne, alle weg. Die Basisdemokratisierung hat uns alle erfasst. Die neuen Stars, die sich täglich in TV-Reality-Shows, Talkshows und „Deutschland sucht den Superstar“ begegnen, sind wir selber, auf Augenhöhe mit den Politikern und Bühnenstars, alle zum Anfassen.
Als Fossil der alten Zeiten haben der Papst und Königin Elisabeth II den Autoritätsverlust, letztere nur mit Mühe, überlebt. Quotenjagende, sich auf dem geringsten gemeinsamen Nenner treffende private Fernsehsender, massenverbreitete Boulevardblätter, deren wichtigste Weihnachtsthemen Uschi Glas´ neue Liebe mit 60, Schlagerstar Michelle´s psychischen Probleme oder auch das Retortenweib Tatjana Gsell mit ihrem titel-stiftenden Hohenzollern-Prinzen beim Adventsshopping sind, fördern und beklagen gleichzeitig diesen Trend.
Verlorengegangen sind damit aber auch Orientierung, Vorbilder und Halt. Dieses Vakuum wird durch neue, radikale Autoritäten gefüllt. Der Islam mit seinen strengen Lebens- und Verhaltensvorschriften wird für immer mehr Menschen attraktiver als die in die Jahre gekommene, wehrlos gewordene, alles erlaubende, nichts verbietende, für selbstverständlich genommene Demokratie westlichen Musters. Die eigentlichen Werte der Demokratie werden immer nur dann offensichtlich, wenn sie verloren zugehen drohen, wie in der Ukraine.
Eine Flutwellen-Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes in Südostasien, 5 Hurrikane hintereinander in einem Monat in der Karibik, diverse Erdbeben, die Versicherungsbranche spricht bei 2004 vom teuersten Naturkatastrophenjahr der Geschichte. Terroranschläge als Dauerbedrohung, die Terroristen agieren global.
Mit der Globalisierung und der Technisierung der Welt werden wir über alle diese Katastrophen auf dem gesamten Globus ständig bilderreich und hautnah informiert, und gehen uns deshalb auch alle so unter die Haut wie früher nur Unglücke aus unserer eigenen Region.
Je mehr wir erfahren, desto komplexer erscheint uns auch unsere eigene Existenz.
Wir müssen nicht mehr nur zunehmend Selbstverantwortung übernehmen, bei schwindendem sozialen Netz für Krankheit und Rente, sondern können als entwickelte Gesellschaft im Zeitalter der Globalisierung auch nicht mehr vor dem Elend der von solchen Katastrophen betroffenen Länder und deren Menschen die Augen verschließen.
Die Technologisierung hat voll Besitz von unserer Gesellschaft ergriffen.
Gentechnische Möglichkeiten, die nur noch politische Begrenzungen erfahren können, der Aufschwung in der Medizintechnik, speziell der diagnostischen Möglichkeiten, wie dem Gehirn beim Denken zuschauen zu können, Nanotechnologie mit unglaublichen Erfolgen in der Miniaturisierung, eine wieder erstarkte Raumfahrt mit der Erforschung der Planeten unseres Sonnensystems auf der Suche nach Spuren außerirdischen Lebens, ständige Erreichbarkeit unabhängig vom Ort, Satellitenortung für jedermann, Computer-Power auf dem Schreibtisch, die noch vor wenigen Jahren nur dem Militär in riesigen Anlagen vorbehalten war. Allein
2004 hat sich die Internettelefonie, Blue Ray Laser Discs, UMTS Handys, Digitales TV und doppelt so hoch auflösendes Fernsehen wie bisher (HDTV) auf dem Markt etabliert.
Vielen Menschen macht diese Entwicklung aber auch Angst, wegen der Geschwindigkeit der Veränderungen und der Komplexität. Wir bekommen zunehmend eine Zweiklassengesellschaft, unabhängig vom Geschlecht, Menschen, die die neuen Technologien nutzen (können), und die, die entweder nicht können oder nicht wollen. Der berufliche und wirtschaftliche Erfolg wird zunehmend stärker davon abhängen, zu welcher dieser beiden Klassen man gehört.
Wo bleibt bei dieser Entwicklung aber der Mensch? Die Bianca-Novelas im ZDF, Erfolgsserien wie “Nur die Liebe zählt” zeigen, Romantik, Familie und Treue ist wieder voll im Trend. Der Mensch holt sich die Geborgenheit wieder zunehmend aus dem Privatleben. Das Private ist plötzlich wieder höchst politisch geworden.
Auch die Politiker haben das erkannt, spätestens, weil ihnen ihre Wahlberater und Spindoktoren diesen Trend klar gemacht haben. Wer nur auf Boston Consulting hört, vom Menschen spricht, aber Humankapital als Kostenfaktor meint, wem bei Shareholder value nur Arbeitsplatzabbau einfällt, und wer vergisst, dass der Mensch das Maß aller Dinge ist, verliert eben die Menschen, für die die Politik doch gemacht wird. Des Kanzlers bittere Jugend wurde zum großen Weihnachtsthema im Stern.
Das Pendel beginnt zurückzuschwingen, meint euer thofi und schaut voller Optimismus in das Neue Jahr.
GLOSSE
Wir wünschen Ihnen ein AUFREGENDES, - nein, Aufregung gab es mehr als uns lieb war in 2004 -, also ein eher BESINNLICHES, - ach lieber nicht, beim zu vielen Nachdenken wird manchen Angst und Bange vor der Zukunft -, aber ERHOLSAMES, - na ja, die vielen Arbeitslosen in Deutschland haben mehr Erholung als ihnen lieb ist -, doch FRIEDLICHES, - und wir dachten in Deutschland, dass Frieden selbstverständlich sein würde, man dafür heutzutage keinen Wunsch mehr hergeben müsse, so kann man sich täuschen -, aber ganz bestimmt ERFOLGREICHES, - ganz egoistisch für uns selbst, die eigene Geldbörse oder für die Gesellschaft?
Anders als Machiavelli meinte, schließt sich das meist aus -,URLAUBSREICHES, - na, sagen Sie mir mal, wo man noch gefahrlos hinfliegen kann - , ja aber GLÜCKLICHES und FRÖHLICHES, - wir sehen jeden Tag genug dümmlich glücklich grinsende „Alles wird gut“-Gesichter im Fernsehen. Selbst Robbie Williams übersteht seine Gute-Laune-Auftritte nur mit Regalis, Prozac oder wie die Glückspillen in den verschiedenen Ländern auch heißen mögen, da können wir unser Gesicht schonen - , jetzt haben wir es, GESUNDES, das ist gut, Gesundes Neues Jahr 2005, - na ja, wenn wir uns Gesundheit und ein langes Leben in der Zukunft überhaupt noch leisten können.
 
Sie haben zu alle dem zustimmend genickt? Aber meine Herrschaften, mit dieser pessimistischen Lebenseinstellung wird das nichts mit 2005. Nicht lange grübeln, einfach loslegen mit dem neuen Jahr.

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