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Das Vorwort & Glosse aus dem Beepworld Newsletter

aus dem seit 10 Jahren erscheinenden Beepworld Newsletter



Beepworld.de - NEWSLETTER #174 vom 22.04.10

Von thofi, 22.04.2010, 17:10

VORWORT

Der 1. April ist vorbei, müsste man meinen, und doch: Internet ist für mindestens die Hälfte aller Berufe mittlerweile unverzichtbar, und privat mag sich kaum einer mehr vorstellen, wie sein Leben aussehen würde, würde einem der Internetzugang gesperrt werden, lebenslang. In England ist letzte Woche ein Gesetz (digital economy bill) im Unterhaus durchgewunken worden, das genau diese Konsequenz verspricht. Es sieht praktisch die Überwachung des britischen Internet vor.
Ohne gerichtliche Untersuchung kann damit jedem, der auch nur verdächtigt wird, über das Internet illegale Inhalte herunterzuladen oder auch nur anzusehen oder Urheberrechte zu verletzen, dass der Internetzugang im Haushalt verlangsamt oder gesperrt wird. Erhebt jemand dagegen Einspruch, muss er beweisen, dass er keine illegalen Inhalte angeschaut hat.
Natürlich kommen auch die Provider nicht ungeschoren davon. Sie müssen bei Strafandrohung von bis zu 250.000 Pfund dafür sorgen, dass Ihre Kunden keine illegalen Filme, Mails oder Videos ansehen oder bei ihnen speichern. Anbieter offener Wlan-Zugänge wie Starbucks stellen zukünftig in England wohl besser Surfern Angestellte zur Seite, die ihnen über die Schulter schauen müssen.
Wohl nicht ganz unbeabsichtigt ist in dem Gesetz ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, missliebige Seiten, wenn sie "schwere schädliche Auswirkungen auf Unternehmen oder Verbraucher" haben, die z.B. kompromittierende Regierungs-dokumente veröffentlichen, per Gerichtsanordnung sperren zu lassen.
Zu rechnen war damit, dass Politiker bei diesem generellen Hang zur Über-regulierung selbst kleinster Lebensbereiche ihrer Bürger der kreativen Anarchie des Internet bald einen Riegel vorschieben würde. Der Kollateralschaden ist nicht nur die totale staatliche Überwachungsmöglichkeit, denn ein solches Gesetz wie in England verlangt nach entsprechenden technischen Lösungen der inhaltlichen Kontrolle, und Gesetze machen nur Sinn, wenn ihre Einhaltung auch kontrolliert werden kann. Nein, der Gründerboom durch junge Leute, die Entwick-lung von tausenden von Lösungen rund um das Internet, die dem Bürger das Leben wesentlich erleichtern, ist nur möglich bei einem Medium, das viel Freiraum lässt für das Ausprobieren von Ideen, ohne gleich von Verbotsschildern entmutigt zu werden.
Deutschland, du hast es besser, noch. Hier hat der -zigtausendfache Protest solche legislativen Exzesse bislang verhindern können.
Der viele Jahrzehnte bei uns gültige Berufswunsch Nr. 1, Angestellter oder Beamter beim fürsorglichen Vater Staat zu werden, wurde in den letzten 10 Jahren abgelöst vom Wunsch, ein Startup zu gründen. Diese erfreuliche Entwicklung kann sich sehr schnell wieder umkehren, wenn die Überregulierung das Internet zunehmend chancenärmer macht, meint eure thofi.

GLOSSE

Und? Was sagt ihre Pflanze? Braucht Wasser? Dachte ich mir. Jemand, dem sein Hund per Twitter mitteilen muss, dass er zu lange allein zuhause war und jetzt dringend vor die Tür muss, geht auch mit Pflanzen nicht liebevoll genug um. Oder liegt es an ihrem Gewicht? Wenn ich ihre letzten paar automatischen Twittermeldungen richtig interpretiere, dann hat ihre Abmagerungsdiät im Schnitt täglich 122 Gramm Gewichtszunahme gebracht. Suboptimal, würde ich mal sagen. Woher ich das weiß?
Vielleicht sollten Sie ihre Waage mal vom Internet trennen, damit nicht jeder Gang auf dieselbe eine automatische Twittermeldung auf Kilogramm und Gramm genau auslöst. Die Firma Withings macht´s möglich – für fette 138 Euro. Etwas billiger geht´s mit BotaniCalls. Das Kit verschickt Twittermeldungen oder SMS, wenn der Feuchtigkeitsgrad der Blumenerde bedenklich sinkt oder der Wasserstand in der Hydrokultur. Noch billiger meldet sich der Hund per kleinem Kästchen am Halsband. Wau, wau, hat er vor 2 Minuten für 43 Sekunden gemacht, sagt die automatisch generierte Twittermeldung. Und bewegt hat er sich davor für 48 Minuten nicht, hat wohl geschlafen. Jetzt aber läuft er heftig hin und her. Der Bewegungssensor im Kästchen meldet es weiter. Sucht er seinen Stammbaum, der aber unglücklicherweise unten auf der Straße steht? Oops, nun steht er plötzlich still für 70 Sekunden.
Zunehmend werden immer mehr Geräte mit Wlanmodul angeboten, die ihre Messergebnisse per SMS aufs Handy oder automatisiert auf Twitter, to whom it may concern, verschicken.
Ich hätte Ihnen da ein paar weitere sinnvolle Einsatzgebiete für diese Module vorzuschlagen. Wie wäre es mit Lichtschranke für das Toilettenbecken, Vibrationssensor für das Ehebett, Akustiksensor für das Babyzimmer, Watschenerschütterungssensor für die Ärmel der Bischofssoutane. Nein, halt, letzteres nehme ich zurück, Thema verfehlt.


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